Sankt Augustin – Rotweingläser sind eher groß, Weißweingläser eher klein – soweit das kleine Weinglas-Einmaleins. Aber trinkt man Bordeaux aus einem anderen Glas als Barolo? Und ist der teure Geburtstagswein zu schade für die dickwandigen Deko-Gläser?
Mit Expertentipps ist es nicht schwer, die Orientierung zu behalten.
Ein gutes Glas sollte bauchig, trichterförmig und dünnwandig sein. Durch die bauchige Form werden die Aromen konzentriert, so dass man sie besser wahrnimmt, erklärt Ernst Büscher, Pressesprecher des Deutschen Weininstituts in Bodenheim (Rheinland-Pfalz). Wenn man aus einem dünnwandigen Glas trinkt, spitzt man demnach automatisch die Lippen, so dass der Wein von vorne über die ganze Zunge fließt und der Geruch beim Schlucken über den Rachenraum wieder in die Nase gelangt. «Das, was man beim Wein zu schmecken glaubt, riecht man eigentlich», betont Büscher.
Ein Weinglas sollte nicht zu klein sein. Denn man sollte dem Wein genug Luft zum Atmen und Schwenken lassen – und das Glas nur zu einem Drittel füllen, betont Peer F. Holm, von der Sommelier-Union Deutschland aus Sankt Augustin bei Bonn. Den lange beliebten Römerkelch, der meist randvoll serviert wurde, halten Weinkenner wie Büscher für ein Unding. «Darin konnte man gar nichts riechen.»
Auch der Stiel des Glases spielt eine Rolle: «Er sollte so lang sein, dass man es bequem mit Zeige-, Mittelfinger und Daumen halten kann», erläutert Gerhard Frank vom Glashersteller Zwiesel Kristallglas. Das vermeide, dass die Hand den Wein erwärmt und die Finger Fettflecken hinterlassen.
Neben den grundlegenden Charakteristika kann man zwischen zahlreichen Sorten von Weingläsern unterscheiden. Davon sollte man sich aber nicht verunsichern lassen: Für den Durchschnittstrinker reicht nach Ansicht der Experten je ein Satz Rotwein-, Weißwein- und Sektgläser. Laut Sommelier Holm tut es sogar ein mittelgroßes Glas für beides, Weiß- und Rotwein.
Rotweingläser zeichnet in erster Linie aus, dass sie größer als Weißweingläser sind – die Aromen haben darin mehr Raum, sich zu entfalten. Grundsätzlich kann man zwei Kategorien unterscheiden: das Burgunder- und Bordeauxglas. Letzteres ist schmaler und höher – für tanninreiche Weine, denn viele Gerbstoffe benötigen einen «hohen Duftkamin», wie Büscher erklärt. Die Gläser eignen sich laut Frank gut für junge Bordeauxweine sowie für Rioja und Chianti.
Burgundergläser sind runder und bauchiger. Durch die relativ große Öffnung wird der Wein großflächig in der ganzen Mundhöhle aufgenommen, erklärt Frank. Diese Gläser eignen sich für tanninarme Weine wie Burgunder und Beaujolais. Für schwere Rotweine wie reifen Burgunder, alte Barolos und kräftige Syrahs empfiehlt Frank dickbauchige Gläser mit großer Öffnung. Büscher würde indes schwere Syrahs und Blaufränkische aus einem Bordeauxglas trinken. «Die Unterscheidung ist eher etwas für ambitionierte Weintrinker», räumt er ein.
Weißweingläser sind aus zwei Gründen kleiner als Rotweingläser: Zum einen, weil Weißwein gekühlt getrunken wird und er sich im kleinen Glas langsamer erwärmt. Zudem sind die Aromen filigraner als bei Rotwein. «In einem zu großen Glas verlieren sie sich», sagt Büscher.
Jenseits des Alltagsgebrauchs kann man nach Ansicht von Sommelier Holm zwischen kleinen Gläsern für leichte Weißweine wie Riesling oder Grünen Veltliner und großen Gläsern für üppigere Weißweine wie Chardonnay oder Sauvignon Blanc unterscheiden. Leichte Weißweine brauchen ein kleines, schmales Glas, das Duft und Frucht konzentriert, erklärt Frank. Üppigere Weißweine brauchen mehr Luft, um ihre Aromen zu entfalten.»
(dpa/tmn)