Hannover (dpa) – Ein Schuss in die Wolken und ein pfiffiger Lupfer mitten ins Tor – zwei Elfmeter haben sich bei der EM-Endrunde 1976 im Fußball-Gedächtnis verewigt.
Der kapitale Fehlschuss von Uli Hoeneß in den Belgrader Nachthimmel leitete die deutsche Finalpleite gegen die Tschechoslowakei ein. Er ist ebenso unvergessen wie der legendäre Chip von Antonin Panenka, der im ersten Elfmeterschießen der EM-Geschichte den verdutzten Torwart Sepp Maier verlud und das 3:5 der von Helmut Schön trainierten DFB-Auswahl besiegelte.
«Ich schaute dem Ball nach, sah ihn immer höher steigen. Wie eine Rakete sauste er in Richtung Wolken. In diesem Moment war ich völlig apathisch, alles um mich rückte in weite Ferne, wurde grau», schilderte Hoeneß damals jene Szene, die das Ende einer Ära markierte. Immerhin war Deutschland als Titelverteidiger und Weltmeister zum Turnier nach Jugoslawien gereist, auch wenn mit Gerd Müller, Wolfgang Overath und Paul Breitner mehrere Topspieler aus der WM-Elf von 1974 zurückgetreten waren.
Zerbrochen an seinem Fehlschuss ist Hoeneß nicht. Viele Fußballfans sprachen dem Nationalspieler danach in Karten und Briefen Mut zu. Als der Bayern-Profi später ins Management und Präsidium des Rekordmeisters wechselte, wurde er zu einer polarisierenden Reizfigur. Die Steueraffäre und die Haftstrafe unterbrach seine Karriere als Bayern-Macher.
Hoeneß‘ Neider und Kritiker und die Medien erinnern besonders gerne an den verschossenen Elfmeter, manchmal auch mit Spott. Erst vor wenigen Wochen präsentierte ARD-Moderator Arnd Zeigler im Sportschau-Club eine kaputte Belgrader Laterne als angebliches Stück aus dem Fußball-Museum.
Der zweite Endspiel-Protagonist Panenka wird wegen seines genialen Kunstschusses fast uneingeschränkt verehrt. Nur Sepp Maier dürfte nicht ganz so begeistert sein. «Er war und ist vielleicht noch immer nicht gut auf meinen Namen zu sprechen. Ich hatte nie die Absicht, ihn lächerlich zu machen», berichtete Panenka auf der Homepage der Europäischen Fußball-Union. Die UEFA hatte den gebürtigen Prager vorigen Dezember zur Auslosung der EM-Gruppen eingeladen – auch dort präsentierte sich der inzwischen 67-jährige als ein pfiffiger Fußball-Schwejk.
«Ein Torhüter, der bereits auf dem Weg in die Ecke ist, kann nicht mehr zurück, das war die Basis meiner Philosophie. Ich habe langsam angefangen, das zu testen und um Übung zu bekommen», erläuterte der Balljongleur seine spezielle Kunst, Elfmeter zu schießen. Die Technik ist nicht ganz ohne Risiko, doch immer wieder mal versuchen Profis, den Panenka-Heber zu kopieren. Sehr zur Freude von Fußball-Liebhabern und -Romantikern. Sie halten den Namen des technisch versierten Mittelfeldspielers von Bohemians Prag und Rapid Wien bis heute hoch.
«Für uns steht der leichte Lupfer in die Mitte des Tornetzes beim Strafstoß für eine gewitzt spielerische Umgangsform mit einer der größten Leidenschaften weltweit. Natürlich wird damit jener Elfmeter aus dem Jahre 1976 symbolisch überhöht, aber auch das ist ja eine Konstante im Weltfußball», begründete Axel Diehlmann vom Berliner Magazin «Der Panenka» die Namenswahl. Auch in den Niederlanden und in Spanien erinnern Zeitschriften mit diesem Titel an den EM-Helden von vor 40 Jahren und an die «spielerische Kunstform» des Fußballs.
[DPA_MEDIA id=“urn-newsml-dpa-com-20090101-160513-99-938121:1463151103000″]
(dpa)