Paris (dpa) – Wie Manuel Valls hatten in Frankreich viele Menschen auf einen Sieg der «Bleus» im EM-Finale gegen Portugal gesetzt.
«Zu Hause sind wir fast unbezwingbar», hatte der Regierungschef vor dem Endspiel gesagt. Aber statt wie erhofft Hunderttausende in Blau, Weiß, Rot waren es am Sonntagabend auf dem Pariser Prachtboulevard Champs-Élysée die vielen Portugiesen in Frankreich, die ausgelassen feierten.
Mit mehr als einer halben Million Menschen sind die Portugiesen die größte Bevölkerungsgruppe in Frankreich mit ausländischem Pass. Schon vor dem Spiel machten sich die Fans aus dem Süden Europas lautstark bemerkbar. Durch das nächtliche Paris schallten kaum weniger Anfeuerungsrufe für Portugal als für das französische Team. Als Cristiano Ronaldo verletzt ausgewechselt wurde, reagierten viele auf privaten Feiern und in portugiesischen Kneipen entrüstet.
Hatte es nach Frankreichs Sieg im Halbfinale gegen Deutschland noch Autokorsos bis weit in die Nacht hinein gegeben, gingen nach dem Finale viele Fans der «Bleus» mit schlaff über die Schulter hängenden französischen Fahnen nach Hause. «Ich bin enttäuscht und genervt», sagte die 22-jährige Madeleine Aman auf den Champs-Élysées.
Dort und in anderen Teilen der Hauptstadt und Frankreichs feierten Portugiesen und Anhänger des Teams um Ronaldo mit Feuerwerkskörpern, Autohupen und Gesängen auf den Straßen. Franzosen riefen sich dagegen zu: «Morgen ist ein neuer Tag!»
Einen Erfolg der französischen Équipe machte die Historikerin Lindsay Sarah Krasnoff dennoch aus. Sie hat die französische Nationalmannschaft in mehreren Veröffentlichungen analysiert. «Das Ergebnis spiegelt nicht wieder, was dieses Turnier mit dem Land gemacht hat», sagte Krasnoff der Deutschen Presse-Agentur. «Nur wenige andere Top-Teams haben eine so komplexe Beziehung zu ihren Fans wie „Les Bleus“», sagte sie mit Blick auf vergangene Turniere. «Diese Gruppe von Spieler hat ihren Teil getan auf dem Spielfeld und jenseits davon, um die Öffentlichkeit zu gewinnen.» Mit der aktuellen Mannschaft habe es einen «großen Schub für den französischen Fußball» gegeben.
Während des Spiels und danach gab es allerdings auch wieder unschöne Szenen am Rande der Pariser Fanzone. Am Eiffelturm und später auf den Champs-Élysées lieferten sich meist jugendliche Randalierer Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Sicherheitskräfte setzten im Gegenzug Tränengas und Wasserwerfer ein. Bereits nach der Partie Deutschland gegen Frankreich hatte es am Rande der Siegesfeiern auf den Champs-Élysées Zusammenstöße gegeben.
Für eine Siegesfeier der «Bleus» musste letztlich kein Platz mehr gefunden werden in Paris – die Polizeipräfektur hatte das für die Champs-Élysées mit Blick auf die Vorbereitungen für den Nationalfeiertag am 14. Juli ohnehin ausgeschlossen. Und einer kann wieder umkehren: Der Siegerbus des französischen Verbands, der am Finaltag auf einer Landstraße bei Rennes im Westen Frankreichs entdeckt worden war. Der oben offene, blaue Doppeldecker war mit der Aufschrift «Champions d’Europe 2016» versehen. Auf der Rückseite stand groß: «Merci».
[DPA_MEDIA id=“urn-newsml-dpa-com-20090101-160711-99-636377:1468190403000“]
(dpa)